Diesen Sommer wollten wir gemeinsam mit unserem autistischen Sohn Urlaub machen.
Im letzten Jahr waren wir ohne ihn unterwegs und beim Betrachten der Urlaubsfotos mussten wir uns vorwurfsvolle Blicke gefallen lassen. Immerhin war er jetzt schon zehn und konnte Vieles verstehen, so dass wir eine Woche zu viert planten.
Als wir ihn kurz vorher einweihten, war er total aufgeregt und das mit dem Fliegen musste ausführlich erklärt werden.
Mallorca kannten wir von früheren Urlauben, das bedeutete für uns kurze Flug-Anreise, Schönwettergarantie und genug warmes Wasser. Wir buchten relativ kurzfristig, so gab es nur noch Nachtflüge. Das erwies sich aber als Vorteil, da waren alle müde und auch Simon nickte trotz Aufregung und Gezappel auf seinem Kissen ein.
Wir hatten uns ein kleines Mittelklassehotel im ruhigeren Norden ausgesucht,
mit Wohnschlafzimmer und extra Elternschlafzimmer. Mal abgesehen von der abendlichen Beschallung durch verschiedene Animationsveranstaltungen war es ganz passend. Simon strahlte, als er den Pool entdeckte und wir schafften es gerade noch, ihn umzuziehen, bevor er hinein sprang.
ICH FINDE URLAUB SEHR SCHÖN lautete sein Kommentar am ersten Abend.
Die nächste Herausforderung stellte das Buffet dar.
Am ersten Abend zögerten wir kurz, um nach einem passenden Tisch am Rand Ausschau zu halten, da stürmte unser hungriges Kind schon zielsicher auf die Schüssel mit den Oliven zu.
Ich spurtete hinterher und erwischte ihn gerade noch, kurz bevor er sich eine Handvoll in den Mund schob und nach dem Braten griff. Schnell drückte ich ihm einen Teller in die Hand.
Dann versuchten wir, das Ganze zu strukturieren. Erst Suppe, dann Salatteller, Hauptgericht und Nachtisch und zwischendrin Lieblingsspeisen nachholen und WARTEN einüben.
Erfreulicherweise verhielten andere Gäste und auch das Personal sich verständnisvoll
und tolerant. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass Urlaub ein begrenzter Zeitraum ist und man nicht alles so eng sieht.
Gleich am ersten Tag hörte ich draußen vertraute Laute, und tatsächlich entdeckte ich im Pool einen Opa mit seinem ganz offensichtlich autistischen Sohn. Leider waren sie am nächsten Tag schon abgereist, bevor ich mir meine englischen Vokabeln zurechtgelegt hatte. Überhaupt gab es in dem Hotel mehrheitllich Engländer und Iren, die auf meine Entschuldigung für Simons Rumgespritze im Pool nur lässig und breit „That`s okay“ antworteten – sehr entspannend!
Das Babybecken mit 80cm Wassertiefe erwies sich als definitiv zu klein, der große Pool machte ihm am Anfang etwas Angst. Schließlich fanden wir die optimale Schwimmhilfe – ein Schwimmreifen mit Schildkrötenkopf, an dem man sich prima festhalten konnte, der auch kleinere Bisse vertrug und etwas Halt bot. Mit der Zeit wurde Simon immer mutiger und bewegte sich selbständig. Später beteiligte er sich auch bei den Ballspielen der anderen Kinder. So konnten wir auf unseren Liegen doch etwas entspannen.
Ein Problem war anfangs für ihn das offene Meer, da fehlte einfach die Begrenzung.
In kleineren Buchten fühlte er sich wohler und genoss das Plantschen im warmen Wasser.
Einmal nahmen wir einen Mietwagen, fuhren durch das Gebirge und besichtigten eine Alte Hafenstadt.
Nach drei Tagen waren die ungewohnten Essenzeiten mit zwei Hauptmahlzeiten doch ungewohnt für ihn, er schrieb auf: ABENDS SOLLTE ES EIN WURSTBROT GEBEN.
Aber das war offensichtlich der einzige Kritikpunkt.
Fazit:
Wir waren angenehm überrascht, dass alles so gut geklappt hat und erlebten einen schönen Urlaub mit unseren Söhnen.
Die meisten meiner eingepackten Bücher nahm ich zwar ungelesen wieder mit nach Hause, aber das war die gemeinsame Zeit und Erinnerung wert!
Ute Haller
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