Was ist Partizipation?
Partizipation bedeutet Teilnahme und Teilhabe sowie Entscheidungsmacht bei allen wesentlichen Fragen der Lebensgestaltung.
Dazu gehört auch die Definitionsmacht und somit die Möglichkeit, die Gesundheitsprobleme (mit-) bestimmen zu können, die von gesundheitsfördernden bzw. präventiven Maßnahmen angegangen werden sollen.
Je mehr Einfluss jemand auf einen Entscheidungsprozess einnimmt, umso größer ist seine/ihre Partizipation.
Warum ist Partizipation wichtig?
Partizipation ist eine zentrale Forderung der Ottawa-Charta: Selbstbestimmung der Bürger/innen als Kern der Gesundheitsförderung. Partizipation spielt nach einer Erkenntnis aus den Gesundheitswissenschaften eine zentrale Rolle von Lebenswelt und Lebensbedingungen in Bezug auf Gesundheit.
Daher ist Partizipation im Bereich der Gesundheitsförderung in aller Munde. Gemeint ist die Beteiligung der Menschen, die von der Gesundheitsförderung erreicht werden sollen, bei der Planung und Durchführung entsprechender Maßnahmen.
In unserem Kontext bedeutet es ganz konkret: die Beteiligung von Autistinnen, Autisten und Angehörigen bei ebendiesen Prozessen.
Stufen der Partizipation nach Wright, 2011
Stufe 1: Instrumentalisierung
Bei dieser Stufe spielen die Belange der Zielgruppe keine Rolle. Entscheidungen werden außerhalb der Zielgruppe getroffen, und die Interessen dieser Entscheidungsträger stehen im Mittelpunkt. Zielgruppenmitglieder nehmen eventuell an Veranstaltungen teil, ohne deren Ziel und Zweck zu kennen (Zielgruppenmitglieder als „Dekoration“).
Stufe 2: Anweisung
Entscheidungsträger (oft ausgebildete Fachkräfte) nehmen die Lage der Zielgruppe wahr. Ausschließlich auf Grundlage der (fachlichen) Meinung der Entscheidungsträger werden die Probleme der Zielgruppe definiert und Vorgänge zur Beseitigung oder Linderung der Probleme festgelegt. Die Meinung der Zielgruppe zu ihrer eigenen Situation wird nicht berücksichtigt. Die Kommunikation seitens der Entscheidungsträger ist direktiv.
Stufe 3: Information
Die Entscheidungsträger teilen der Zielgruppe mit, welche Probleme die Gruppe (aus Sicht der Entscheidungsträger) hat und welche Hilfe sie benötigt: Verschiedene Handlungsmöglichkeiten werden der Zielgruppe für die Beseitigung oder Linderung ihrer Probleme empfohlen. Das Vorgehen der Entscheidungsträger wird erklärt und begründet. Die Sichtweise der Zielgruppe wird berücksichtigt, um die Akzeptanz der Informationsangebote und die Aufnahme der Botschaften zu fördern.
Stufe 4: Anhörung
Die Entscheidungsträger interessieren sich für die Sichtweise der Zielgruppe auf ihre eigene Lage. Die Mitglieder der Zielgruppe werden angehört, haben jedoch keine Kontrolle darüber, ob ihre Sichtweise Beachtung findet.
Stufe 5: Einbeziehung
Die Einrichtung lässt sich von ausgewählten Personen aus der Zielgruppe (oft Personen, die den Entscheidungsträgern nahe stehen) beraten. Die Beratungen haben jedoch keinen verbindlichen Einfluss auf den Entscheidungsprozess.
Stufe 6: Mitbestimmung
Die Entscheidungsträger halten Rücksprache mit Vertreter/innen der Zielgruppe, um wesentliche Aspekte einer Maßnahme mit ihnen abzustimmen. Es kann zu Verhandlungen zwischen der Zielgruppenvertretung und den Entscheidungsträgern zu wichtigen Fragen kommen. Die Zielgruppenmitglieder haben ein Mitspracherecht, jedoch keine alleinigen Entscheidungsbefugnisse.
Stufe 7: Teilweise Übertragung von Entscheidungskompetenz
Ein Beteiligungsrecht stellt sicher, dass die Zielgruppe bestimmte Aspekte einer Maßnahme selbst bestimmen kann. Die Verantwortung für die Maßnahme liegt jedoch in den Händen anderer, z.B. bei Mitarbeiter/innen einer Einrichtung.
Stufe 8: Entscheidungsmacht
Die Zielgruppenmitglieder bestimmen alle wesentlichen Aspekte einer Maßnahme selbst. Dies geschieht im Rahmen einer gleichberechtigten Partnerschaft mit einer Einrichtung oder anderen Akteuren. Andere Akteure außerhalb der Zielgruppe sind an wesentlichen Entscheidungen beteiligt, sie spielen jedoch keine bestimmende, sondern eine begleitende oder unterstützende Rolle.
Stufe 9: Selbstorganisation
Eine Maßnahme bzw. ein Projekt wird von Mitgliedern der Zielgruppe selbst initiiert und durchgeführt. Häufig entsteht die Eigeninitiative aus eigener Betroffenheit. Die Entscheidungen trifft die Zielgruppe eigenständig und eigenverantwortlich. Die Verantwortung für die Maßnahme liegt bei der Zielgruppe. Alle Entscheidungsträger sind Mitglieder der Zielgruppe.