Habt Ihr Euch im Urlaub gut erholt?

„Na, habt Ihr Euch im Urlaub gut erholt?“ klingt mir mehrfach nach unserer Reise entgegen.
„Nein, wir machen keine Erholungsreisen, aber wir hatten eine wunderschöne Zeit.“

Das können viele nicht verstehen, warum insbesondere die Ferienzeit für uns die anstrengendste Zeit des Jahres ist. Rund um die Uhr beaufsichtigen, pflegen, hinterher rennen ist nicht nur für die Eltern eine Grenzerfahrung, sondern auch für die Kinder, die ständig ein Elternteil als Schatten hinter sich haben.
Das ist sicher nicht bei allen Familien mit autistischen Kindern so, wohl aber bei denen, von denen ich hier schreibe, nämlich bei Familien, deren Kinder Hilfe bei allen alltäglichen Verrichtungen wie Waschen, Anziehen, Essen, Toilette usw. usf. brauchen. Familien, deren Kinder es hassen in Freizeitparks oder Schwimmbäder zu gehen, weil sie zu laut und voller Menschen sind. Familien, deren Kinder aus denselben Gründen an keiner öffentlichen Veranstaltung oder gewöhnlichen Ferienprogrammen teilnehmen können. Familien, deren Kinder auch im Schulalter nicht ohne ständige Beaufsichtigung an einem Strand oder Spielplatz sitzen können, da der Sand, die unseligen Zigarettenkippen und scharfkantige Muscheln gegessen werden. Familien, deren Kinder nachts auch nach 8, 10 oder 15 Jahren nicht durchschlafen und sich morgens auch nicht erstmal selbst beschäftigen, wie man das ja oft so schön erzählt bekommt.
Nein, die Eltern müssen am nächsten Morgen fitt sein, denn es sind ja Ferien! Und das in Bayern dieses Jahr im Sommer 7 Wochen lang!

„Habt Ihr Euch gut erholt?“ Ich kann es eigentlich nicht mehr hören.
Das ist jetzt alles zu negativ? Nein, dann lest mal weiter.
Auf die Frage: „War der Urlaub schön?“ antworte ich sehr gern mit einem „Ja, sehr schön.“
Denn es gab Momente des Glücks, die wir sehr genossen haben. Eine Viertelstunde auf einem Campingstuhl mit einem Teller gegrillten Fisch auf dem Schoß. Eine Stunde im Sonnenuntergang – und was für ein Glück, dass das in Nordnorwegen erst gegen 23 Uhr der Fall ist und da schläft sogar unser kleiner Autistenmann meistens. Eine halbe Stunde im hohen Gras, während Niklas Grashalme kurbelt. Einen Moment einfach nur dasitzen und gemeinsam Musik hören. Eine durchgeschlafene Nacht und die Sonne die einen wachkitzelt. Ein lachendes Kind, weil es vor dem Wohnmobil von einer Möwe besucht wird. Das Stehen auf einem hohen Berg, der alles andere so klein aussehen lässt und die Gedanken frei macht. Das Schmieden von Zukunftsplänen und das Relativieren von Alltagssorgen, wie es mir persönlich nur im hohen Norden möglich ist.

Auf die Frage „war der Urlaub schön?“ antwortet Niklas übrigens mit der Gebärde „kaputt“, macht ein krachendes „krchhhh“ dazu und lacht sich schlapp. Ja, das sind seine Highlights, die nicht fehlen dürfen: kaputte Fensterläden, heruntergerissene Vorhänge und absolutes Favorite: sein neuer Schuh, der im Fjord davon schwimmt.
Naja, kann man alles ersetzen.

Und wie war Euer Urlaub? Habt Ihr Euch gut erholt? 🙂

Silke Bauerfeind
www.ellasblog.de

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